Ausblick – Anthony Crow zur aktuellen Stimmung am Retail-Markt

Anthony Crow – OTTO Immobilien Teamleiter Retail – zur aktuellen Stimmung am Retail-Markt

Ausblick – Anthony Crow zur aktuellen Stimmung am Retail-Markt

 

„Der Markt von morgen wird von Nutzungen abseits der klassischen Vertriebslinien im stationären Einzelhandel geprägt sein.“

Anthony Crow (Teamleiter Geschäftsflächen, Immobilienvermarktung Gewerbe)

Text: Anthony Crow // Fotos: Christian Steinbrenner

Bereits 2,5 Jahre beschäftigt uns die Corona-Pandemie schon. Die Auswirkungen der Pandemie, hohe Bau- und Modernisierungskosten sowie Lieferengpässe wirken sich in gewisser Maßen hemmend auf Expansionspläne aus, mittlerweile ist aber eine nachweisliche Beruhigung der Lage eingetreten. Dies unterstreichen auch aktuelle Zahlen zum Vermietungsvolumen, denn dieses liegt bislang rund 12 % über dem Vorjahreswert. Gleichzeitig sind die aktuellen wirtschaftlichen Geschehnisse und Einschränkungen zu erwähnen, allen voran die drastisch gestiegenen Energiepreise, die aktuelle Mieter aber auch konkrete Anmietungsprozesse beinträchtigen. Durch die hohen Kosten erwarten so manche Konzepte und Branchen in den Wintermonaten ein Minusgeschäft, weshalb optimierte Öffnungszeiten der Läden, aber auch bereits konkrete Ladenschließungen kommuniziert wurden.

Dass sich der Fokus des Einzelhandels weiter in die digitale Welt verschiebt, steht außer Frage. Dies bedeutet jedoch nicht, dass unsere Geschäftslokale mittel- wie langfristig zur Gänze an Bedeutung verlieren, denn je digitaler unser Alltag wird, umso wichtiger werden analoge Touchpoints. Im Endergebnis werden diese durch die Digitalisierung ausgelösten Prozesse dazu führen, dass unsere Einkaufsstraßen wieder urbaner und lebendiger werden, da sie eine deutlich höhere Diversität aufweisen werden. Wir sind daher davon überzeugt, dass unsere Läden auch in Zukunft essenziell sind für Emotionen, Erlebnis, Vertrauen und die Markenbildung eines Konzeptes und somit der stationäre Einzelhandel wesentlicher Anziehungspunkt unserer Innenstäde bleiben wird. Corona als gewisser Brandbeschleuniger führte eindeutig dazu, dass sich die Funktion des Shops aber auch unsere Handelslagen rasant verändert haben und werden. Bei all den herausfordernden Entwicklungen und vielen negativen Erfahrungen ist unserer Ansicht nach eine differenzierte Betrachtung des Retailmarktes ausschlaggebend. So sind nicht per se alle Standorte, Branchen und Konzepte von den Auswirkungen der Pandemie und gegenwärtigen weiteren Einschränkungen gleicher Art und Weise betroffen. Die Nachfrage nach Geschäftslokalen in fast allen Lagen unserer Einkaufsstraßen ist konstant hoch. Wir beobachten jedoch, dass der Anteil der expansiven Filialisten tendenziell geringer ausfällt. Alternative Nutzungen und neue Player, wie Konzepte von Produzenten und Herstellern, Showroom-Stores zur Markeninszenierung oder Monobrand-Stores dominieren nach und nach. Verstärkt zu beobachten sind beispielsweise neuerdings Konzepte aus dem Bereich E-Mobilität, welche die Innenstadt als Marketingplattform und Point of Contact sowie zusätzlichen Vertriebskanal nutzen. Zudem erleben wir eine starke Konzentration auf die A-Lagen unserer Städte. Nebenlagen nehmen unserer Wahrnehmung nach eine verstärkte, teils sogar reine Nahversorgungsrolle ein. Bei Nachvermietungen in diesen Standortzonen beobachten wir einen Trend in Richtung Gastronomie, handelsnahe Dienstleistung oder gar Alternativnutzung. Vor allem in diesen Lagen wird es mittelfristig unserer Einschätzung nach wichtig sein, gezielt Akzente zu setzen, um die vormals durch klassischen Einzelhandel dominierten Zonen mit neuen Impulsen und Vitalität zu bereichern, in welchen der Einzelhandel nicht mehr der Einzige, dennoch aber ein bedeutendes Puzzlestück sein wird. Einzelhändler, vor allem jene mit internationalen Handelskonzepten, gehen in der aktuell verunsicherten Wirtschaftslage kaum Risiken und große Investitionen ein. Daher ist kurz- bis mittelfristig mit einer gewissen Verminderung bei Flächenangebot und Nachfrage zu rechnen. Wir sind wie eingangs erwähnt dennoch der festen Überzeugung, dass der stationäre Einzelhandel trotz aller vergangenen und gegenwärtigen Schwierigkeiten und Herausforderungen ein zentrales Element attraktiver Innenstädte bleiben wird. Unsere Shopflächen sind ein notwendiger Anker und fundamental für alle Zielgruppen unserer Städte und ein zentraler Faktor für die Aufenthalts- sowie Lebensqualität.

 
Anthony Crow, OTTO Immobilien

Anthony Crow:

Teamleiter Geschäftsflächen, Immobilienvermarktung Gewerbe

☎️ +43 1 512 77 77 352
📧 a.crow@otto.at


 

 

Wohnungsatlas Wien 2022

Retail-Marktbericht – eine aktuelle Studie von OTTO Immobilien

Der stationäre Einzelhandel erlebt auch heuer ein Wechselbad der Gefühle. Denn die wieder aufblühende Kauflaune der Konsumenten wird zunehmend durch hohe Energiekosten und Inflation gebremst. Aber nicht nur die volatile Konsumstimmung sorgt bei den Händlern für Sorgenfalten: Der stationäre Handel kämpft gegenwärtig durch die steigenden Energiepreise mit hohen Raumkosten und die Kostensteigerungen bei Strom, Gas und im Einkauf beeinträchtigen zudem die Logistik.