OTTO Immobilien Kompass

KW 20 - Update Investmentmarkt

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Österreich hat gerade jetzt gute Karten bei ausländischen Investoren

Dipl.-Kfm. Christoph Lukaschek MBA, MRICS - Leiter Investment

Investment: Markt mit verschiedenen Unbekannten

Die Wirtschaftskrise und ihre Rettungspakete:

Österreich, Europa und die Welt sind derzeit mit einer vorher nie gekannten Situation konfrontiert. Der durch die Corona-Pandemie verursachte Lockdown für etwa ein Drittel der Weltbevölkerung und der damit verbundene weitgehende wirtschaftliche Stillstand haben weltweit zu einem massiven Einbruch der Wirtschaftsleistung geführt. Gleichzeitig wird der drohenden Rezession mit nie zuvor gekannten politischen und wirtschaftlichen Gegenmaßnahmen entgegen getreten. „Die USA haben mit dem US CARES Act mit über 2 Billionen (2 000 000 000 000) US Dollar ein wirtschaftliches Hilfspaket in Höhe von zirka 10,5% des Bruttosozialproduktes beschlossen, Österreich hat mit seiner konsequenten und frühzeitigen Umsetzung der Sicherheitsmaßnahmen sowie der wirtschaftlichen Hilfe für Unternehmen eine Führungsrolle in Europa eingenommen“, so Dkfm. Christoph Lukaschek, MBA, MRICS, Leiter Investment bei Otto Immobilien.
 
Weiters würden sich die Asiatischen Länder, die von der Krise zuerst getroffen wurden, sowie einzelne europäische Länder bereits in einer Phase der leichten Entspannung und im Übergang zur sogenannten „neuen Normalität“ befinden. Eine gewisse Entspannung gibt es auch auf den Aktienmärkten: Diese konnten sich aufgrund der Hilfspakete für die Wirtschaft von ihren anfänglich drastischen Verlusten zumindest teilweise erholen. Den wiederholt gezogenen Vergleich zur Globalen Finanzkrise von 2008 bezeichnet Lukaschek auch hinsichtlich der Rahmenparameter wie (unter)kapitalisierte Banken, ausgereizte Kreditlinien und eines Überangebots an Immobilien als nicht sachgerecht. „Die Zinsen, die schon vor der Krise angesichts der massiven Verfügbarkeit von Kapital global extrem niedrig waren, sind bislang stabil und die 10 Jahres-Staatsanleihen vieler Volkswirtschaften befinden sich nahe des historischen Tiefststandes“, so Dkfm. Lukaschek, der die mittelfristige wirtschaftliche Entwicklung dennoch als „ungewiss“ bezeichnet.

Österreichischer Investmentmarkt: Minus 75 Prozent

Ungewiss sind die Auswirkungen der Corona-Krise nicht nur auf die (Welt)Wirtschaft, sondern auch auf die Immobilienmärkte. Der weltweite Lockdown hat viele Transaktionen bereits im Laufe des ersten Quartals zum Erliegen gebracht. „Im Asien-Pazifik Raum ist das Transaktionsvolumen im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres um teilweise 80% zurückgegangen*“, weiß der Investmentexperte. Etwas geringer war der Rückgang in Europa  - in Österreich beispielsweise reduzierte sich das Transaktionsvolumen um 75%, wobei anzumerken ist, dass Q1 2019 ein extrem starker Jahresauftakt war.

„Trotz operativer Einschränkungen konnten heuer im ersten Quartal dennoch mehrere großvolumige und bereits fortgeschrittene Transaktionen abgeschlossen werden, im zweiten Quartal ist allerdings mit einem Rückgang zu rechnen“, sagt Dkfm. Lukaschek.

Allerdings: Angesichts der anhaltend hohen Verfügbarkeit von Kapital sind viele Investoren weiterhin auf der Suche nach geeigneten Produkten. Die meisten Transaktionen befinden sich zwar aus operativen Gründen on hold, Abbrüche von Ankäufen sind jedoch am österreichischen Markt derzeit die Ausnahme. „Die unverändert extrem niedrigen Zinsen für risikolose Anlagen sowie die Verwerfungen an den Aktienmärkten könnten mittelfristig sogar noch mehr Geld in die Immobilienmärkte spülen“, vermutet Dkfm. Lukaschek.
 
Parallel dazu findet die Nachfrage unverändert wenig Angebot. So sind Notverkäufe aufgrund von Mietausfällen bisher angesichts der hohen Kooperations- und Verhandlungsbereitschaft seitens der Mieter, Vermieter und Banken nicht zu verzeichnen.

Im Gegensatz zur Finanzkrise 2008 sind auch in den Offenen Immobilienfonds derzeit keine signifikanten Mittelabflüsse zu erkennen und aufgrund geänderter Regularien auch nicht zu erwarten. „Erkennbar unterschiedliche Strategien gibt es seitens der Investoren hinsichtlich des Umgangs mit möglichen Preisanpassungen in einzelnen Assetklassen – dort wo die einen aktuell vorsichtig agieren, sehen andere die Möglichkeit, sich in einem Umfeld mit weniger Mitbewerbern durchzusetzen“, sagt Dkfm. Lukaschek.

Aktuelles

Ein Vergleich mit der Finanzkrise 2008 ist nicht sachgerecht.

Trotz operativer Einschränkungen wurden im ersten Quartal mehrere großvolumige, bereits fortgeschrittene Transaktionen abgeschlossen.

Finanzierung: Investoren mit Eigenkapital im Vorteil

Die größten Variablen im Investmentmarkt sind Lukaschek zufolge aktuell die Entwicklung der Kreditvergabe sowie die mittelfristige Margenentwicklung seitens der Banken. Selbst wenn deren Kapitalausstattung unverändert gut sei, würde sich angesichts bestehender wirtschaftlicher Risiken und möglicher regulatorischer Vorgaben eine gewisse Preiserhöhung abzeichnen. „Zumindest in Österreich ist diese aktuell noch sehr gering“, berichtet Dkfm. Lukaschek. Investoren mit hohem Eigenkapitalanteil seien daher klar im Vorteil – von denen gebe es zumindest im Core-Segment genügend am Markt. 

Gute Karten für Österreich

Internationale und hier vor allem deutsche Investoren, waren in den letzten Jahren mit bis zu 65% am Immobilientransaktionsvolumen in Österreich beteiligt. „Da aktuell davon ausgegangen werden kann, dass die Reisebeschränkungen zumindest auf österreichischer Seite mittelfristig gelockert werden, ist nicht von einem signifikanten Rückgang des Transaktionsvolumens auszugehen“, glaubt Dkfm. Lukaschek schließlich sei angesichts des erfolgreichen Umgangs Österreichs mit der Corona-Krise bereits ein verstärktes Interesse wahrzunehmen.

„Internationale Investoren werden ihre regionale Strategie eher zugunsten Österreichs verschieben“, ist Dkfm. Lukaschek überzeugt; auch zwischen den Assetklassen werde es zu Verschiebungen kommen. Wie in allen Krisen suche die Mehrzahl der Investoren aktuell den sicheren Hafen und lege den Fokus daher zum einen auf langfristig vermietete Core-Objekte mit stabilen gewerblichen Mietern um mögliche Ausfalls-risiken zu minimieren und zum anderen auf die sichere Assetklasse Wohnen.

Wohnen als „Sicherer Hafen“

In der Assetklasse Wohnen waren bisher weder am Vermietungs- noch am Investmentmarkt kaum bis keine Auswirkungen der aktuellen Situation spürbar. „Wohnimmobilien in guten Lagen mit indexierten Mieten sind in Krisen traditionell ein sicherer Hafen“, sagt Investment Consultant Mag. Georg Kretschmer, MSc, MRICS. Demnach sei zu erwarten, dass viele Investoren ihre Strategie zugunsten dieser Assetklasse verschieben werden und es hier zu erhöhten Kapitalzuflüssen kommen wird. „Wir gehen davon aus, dass sehr zeitnah wieder erste Transaktionen stattfinden. „Das liegt daran, dass das Grundbedürfnis nach (leistbarem) Wohnraum stärker von demografischen Entwicklungen, als von kurzfristigen wirtschaftlichen Schwankungen abhängt“, erklärt Kretschmer. Eine Eintrübung am Vermietungsmarkt sei nur im Falle eines längerfristigen Anstiegs der Arbeitslosigkeit in Österreich zu erwarten. „Diese zeichnet sich in den aktuell vorliegenden Studien jedoch nicht ab“, sagt Kretschmer.

Große Unterschiede bei Gewerbeimmobilien

Am gewerblichen Immobilienmarkt treten starke Unterschiede zwischen den einzelnen Assetklassen auf, so die Experten von Otto Immobilien. Eigentümer haben in den letzten Monaten sehr unterschiedliche Erfahrungen hinsichtlich der wirtschaftlichen und rechtlichen Möglichkeiten, die ihnen vertraglich zustehende Miete einzufordern, gemacht.

Krisengewinner Logistik

Obwohl auch in dieser Assetklasse von Seiten mancher Mieter Mietstundungen und –freistellungen, neuerdings Rent-Holidays genannt, gefordert wurden, gelten Logistikimmobilien aktuell als einer der Gewinner der Krise. Dies ist zum einen auf die zweistelligen Wachstumsraten einzelner Onlinehändler und dem damit einhergehenden erhöhten Bedarf nach Lager- und Distributionsflächen und zum anderen auf die gestiegene Nachfrage von Nahversorgern zurückzuführen. „Wir gehen davon aus, dass Renditen aufgrund einer erhöhten Nachfrage von Investoren tendenziell unter Druck stehen. Ob dieser Trend von möglicherweise höheren Finanzierungskosten überkompensiert wird, ist aktuell nicht abschätzbar“, sagt Dkfm. Lukaschek.

Diverser Büromarkt

Die Tendenzen in der Assetklasse Büro sind deutlich diverser. „Zum einen befinden wir uns gerade im weltweit umfangreichsten Home-Working-Experiment der Geschichte, zum anderen macht gerade dieses die Bedeutung des Arbeitsplatzes als Social Hub und Stätte für Begegnung und Kreativität deutlich“, so Dkfm. Lukaschek. Die teilweise sehr weitgehenden Forderungen nach Mietzinsreduktionen insbesondere, internationaler Großmieter, würden teilweise der rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Grundlage entbehren und stellen, wie im Logistikbereich auch, ein Entgegenkommen des Vermieters dar. „Die Vermietungsleistung wird aufgrund ausgesetzter Expansionen an den meisten Standorten allerdings merklich geringer ausfallen, als in den Vorjahren“, ist er überzeugt.

Die bestehende Nachfrage der Investoren richte sich aktuell klar auf langfristig vermietete Objekte, die einerseits gegenüber risikolosen Anlageformen wie Staatsanleihen einen Renditevorteil haben, aber andererseits im Hinblick auf die schwer einschätzbare Entwicklung des Marktes mittelfristig keine Vermietungsaktivitäten erfordern. Bei den von erhöhtem Leerstand betroffenen oder bedrohten Büroimmobilien sei vorerst ein geringeres Transaktionsvolumen zu erwarten, da potentielle Verkäufer ihre Objekte nicht der aktuellen Unsicherheit des Marktes aussetzen würden.

Risikofall Einzelhandel

 „Die Assetklasse Retail zählt mit Sicherheit zu den am stärksten betroffenen Bereichen der Immobilienwirtschaft“, sagt Dkfm. Lukaschek. Zum einen hätten die in fast allen Ländern erfolgten Schließungen von Geschäften den Konsum noch mehr auf den ohnehin boomenden Onlinehandel verlagert,  zum anderen würden die durch Mietfreistellungen, Umsatzmieten und Insolvenzen ausgelösten Mietausfälle die Sicht der Investoren auf diese Assetklasse nachhaltig prägen und verändern. „Gerade ausländische Investoren waren sich der gesetzlichen Regelung in Österreich, die im Falle einer Epidemie das wirtschaftliche Risiko beim Vermieter sieht, nicht bewusst“, sagt Dkfm. Lukaschek. Trotz der mit Sicherheit weiterhin steigenden Renditen in diesem Bereich werde es voraussichtlich bis 2021 dauern, bis sich die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern wieder finden und Transaktionen stattfinden werden.


* Hong Kong – 81%, Singapur – 72%, Asien-Pazifik – 59%

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