Wiener Zinshausmarkt 2021 mit fulminanter Aufholjagd

Zinshaus-Marktbericht Frühjahr 2022 von OTTO Immobilien

Wiener Zinshausmarkt 2021 mit fulminanter Aufholjagd

Umsatz von 2,1 Mrd. Euro inklusive Share Deals - Vorkrisenniveau erreicht - Aktueller Marktbericht von OTTO Immobilien

Text: Katharina Scheidl-Aziz // Fotos: Christian Steinbrenner

Das Wiener Zinshaus erwies sich während der Pandemie und in zahlreichen Krisen davor als wertbeständig und resistent und damit als veritabler „Fels in der Brandung“. Das zeigt die aktuelle Frühjahrs-Ausgabe des ersten Wiener Zinshaus-Marktberichts von OTTO Immobilien. „Während wir 2020 noch deutlich weniger Verkäufe beobachteten, war 2021 ein starkes Jahr mit einer fulminanten Aufholjagd und großen Nachholeffekten“, zieht Dr. Eugen Otto, geschäftsführender Eigentümer von OTTO Immobilien Bilanz. Insgesamt fanden in ganz Wien 668 Verkäufe statt. Gegenüber dem Jahr 2020 bedeutet dies eine deutliche Steigerung von +31 %. „Das gesamte Verkaufsvolumen (Asset und Sharedeals) beträgt im Vorjahr 2,1 Mrd. Euro, ohne Share Deals lag das Transaktionsvolumen bei knapp über 1,6 Mrd. Euro“, berichtet Mag. Philipp Maisel, Teamleiter Zinshaus bei OTTO Immobilien.

Boom im 10. und 20. Bezirk

In Hinblick auf die einzelnen Bezirke sind vor allem der 20. und 10. Bezirk hervorzuheben: Hier wurde mit 91 Mio. im 20. und 109 Mio. im 10. Bezirk fast das Doppelte umgesetzt, wie im Vorjahreszeitraum. Im Jahresvergleich (Frühjahr 2021) hat sich das Volumen in fast allen Bezirken außer dem 11. und dem 19. Bezirk deutlich erhöht. „Mit Stichtag 14. 2. 2022 konnte unsere Immobilien Research in acht Bezirken ein Transaktionsvolumen von über 100 Mio. Euro feststellen“, berichtet Maisel. Auffällig in dieser Berichtsperiode sei auch ein deutlicher Anstieg des Verkaufsvolumens in den Flächenbezirken 21 und 22.  Bei der Transaktionsanzahl beobachten die ExpertInnen von OTTO Immobilien im 20. sowie im 23. Bezirk mit +300 % bzw. +236 % die stärksten Zuwächse.

Bezirke innerhalb des Gürtels haben die Nase vorn

In Bezug auf die Volumina liegen die Bezirke innerhalb des Gürtels mit jenen außerhalb fast gleichauf. „Mit knapp 51 % des Verkaufsvolumens (+2 %-Punkte) präsentieren sich die Bezirke innerhalb des Gürtels nach einer vorsichtigen Trendwende jetzt wieder leicht vor den äußeren Bezirken“, so Maisel. Anders die Situation bei der Anzahl der verkauften Zinshäuser: Mit 71 % gab es deutlich mehr Verkäufe in den Bezirken außerhalb des Gürtels. „Dies bedeutet, dass ein Verkauf innerhalb des Gürtels im Durchschnitt ein dreimal so hohes Volumen aufweist, wie Verkäufe in den äußeren Bezirken“, berichtet Maisel.

Preise ziehen weiter an

Die Preise haben seit Herbst 2021 insbesondere in den Regionen innerhalb des Gürtels deutlich zugelegt. „Bei den Maximalpreisen konnten wir in ganz Wien eine durchschnittliche Veränderung von +11 % beobachten. Auffallend war die Steigerung im 18. Bezirk mit 23 %“, sagt Mag. Maisel. Ebenfalls ein kräftiges Wachstum gab es bei den Mindestpreisen. Der höchste Zuwachs bei den Mindestpreisen konnte mit 29 % bzw. 17 % im 20. und 2. Bezirk verzeichnet werden. Ebenfalls stark gestiegen sind die Einstiegspreise in den Bezirken 3., 6., und 7. „Dort sehen wir Steigerungen zwischen 12 % und 16 %“, so Maisel.  „Die niedrigsten Einstiegspreise sind zwar weiterhin in den Bezirken außerhalb des Gürtels zu finden, aber mittlerweile wird kein Wiener Gründerzeit-Zinshaus in einem durchschnittlichen Zustand unter 2.023 Euro/m² verkauft“.

Renditen sinken

Die Maximalrenditen sind in den vergleichbaren Bezirken weiter gesunken, nicht jedoch so stark wie in den vergangenen Jahren, heißt es im Marktbericht weiter. „Am stärksten fiel die Reduktion mit -0,3 %-Punkten in den Bezirken 2, 6, 11, 21 und 23 aus. Generell ist nur mehr im 11. Bezirk eine Rendite von über 3 % erzielbar“, berichtet Dkfm. Christoph Lukaschek, Leiter Investment bei OTTO Immobilien. Alle anderen Bezirke weisen mittlerweile eine Rendite von weniger als 3 % auf, auch die Minimalrenditen sind in einigen Bezirken deutlich zurückgegangen. „Die Bezirke 18, 20 und 2 weisen hier die stärksten Veränderungen auf“, sagt Lukaschek. Die Spitzenrendite für das beste Objekt in der besten Lage (entspricht der Mindestrendite im 1. Bezirk) beträgt derzeit übrigens 0,64 %. „Insgesamt spiegeln die Renditen des Wiener Zinshausmarktes dessen hohe Attraktivität wider.“

Mehr hochpreisige Transaktionen

Im Hinblick auf die Preiskategorien machten die Zinshäuser bis 5 Mio. Euro im Vorjahr einen  niedrigen Anteil von 74% der Transaktionen aus, der damit 9 Prozentpunkte unter dem Wert des Vergleichszeitraums des Jahres 2020 lag.  Der Anteil der Verkäufe mit einem Volumen höher als 5 Mio. Euro hat hingegen deutlich zugelegt und liegt nun bei 26%.

Beim Transaktionsvolumen sind besonders die hochpreisigen Kategorien hervorzuheben. Sowohl im Bereich von 7,5 - 10 Mio. Euro, also auch im Bereich über 10 Mio. Euro wurden deutliche Zuwächse verzeichnet, berichtet Lukaschek.

Share Deals haben sich am Markt durchgesetzt – Volumen bei 500 Mio. Euro

Während die Anzahl der Share Deals2 in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist, zeigt das Kalenderjahr 2021 mit 72 durchgeführten Transaktionen einen leichten Knick (nach 74 Transaktionen im Kalenderjahr 2020), berichtet Mag. Florian Schmidl, Geschäftsführer von Mazars Austria. In seiner inzwischen siebenten Erhebung für OTTO Immobilien hat er - als Premiere - in dieser Ausgabe auch die übertragenen Zinshäuser bewertet und so die Grundlage für einen auch wertbasierten Vergleich geschaffen. Demnach lag das Transaktionsvolumen nur der Share Deals im Vorjahr bei rund 500 Mio. Euro. „Grundsätzlich hat sich das Instrument der Share Deals am Immobilienmarkt durchgesetzt und erfreut sich vor allem im Unternehmensverband sowie in der Familie großer Beliebtheit, etwa als adäquates Mittel der vorweggenommenen Erbfolge oder der Strukturoptimierung in Familienunternehmen“, berichtet Mag. Schmidl seine Erfahrungen.

Verkaufswille steigt – Internationale Investoren aktiv

Die ersten Monate des Jahres 2022 sind von einem deutlich aktiveren Marktgeschehen als im Vorjahr gekennzeichnet, berichten Maisel und Lukaschek. „Jene Zinshauseigentümer, die im vergangenen Jahr aufgrund der pandemiebedingt unsicheren Lage von einem Verkauf Abstand genommen haben, sind nun wieder deutlich aktiver“, weiß Maisel. Auf der anderen Seite gäbe es keine Marktsignale, die auf eine Abschwächung der starken Nachfragesituation hindeuten würden.

Zusätzlich haben sich, befeuert durch die Pandemie, verstärkt auch internationale, institutionelle Investoren vorwiegend aus dem deutschen Sprachraum am Wiener Zinshausmarkt eingefunden, beobachtet Lukaschek. „Die Haken und Ösen des Mietrechtsgesetzes werden hierbei von diesen Akteuren zunehmend billigend in Kauf genommen, zumal über den Preisschutz des MRG in der Regel eine bessere Vermietbarkeit gewährleistet wird“, sagt Lukaschek. Zahlreiche Zinshäuser würden schließlich seit knapp 200 Jahren den „proof of concept“ erbringen, dass eine nachhaltige Vermietung in der jeweiligen Lage- und Wohnqualität gut funktioniert. Diese relativ neue Käufergruppe gesellt sich zu den am Wiener Zinshausparkett etablierten Investoren mit einem langen Veranlagungshorizont (wie etwa Family Offices und Stiftungen) und den Entwicklern, die ungebrochen auf der Suche nach Projekten mit Ausbaupotential sind. „Innerhalb der Entwickler wiederum finden sich aufgrund der Grundstücksknappheit immer mehr klassische Wohnbauträger als Interessenten ein“, berichtet Mag. Maisel.

Abzuwarten sei, welche Rolle die zuletzt stark gestiegene Inflation spielen wird. Es ist mittelfristig wohl davon auszugehen, dass die Nachfrage nach Immobilien weiter steigen wird, da Sachwerte einen vergleichsweise guten Schutz gegen ein hohes Inflationslevel darstellen, heißt es im Marktbericht weiter. Sollte die EZB den Leitzins allerdings nach oben schrauben, könnte sich die Situation ändern. „Dies führt in den Immobilienmärkten für gewöhnlich zu einer Abschwächung der Nachfrage, da einerseits die Kredite teurer und andererseits Alternativen zu Immobilieninvestments, insbesondere Staatsanleihen, attraktiver werden“, so Mag. Maisel.

Bestand sinkt weiter   

Die Zahl der Gründerzeit-Zinshäuser – im engeren Sinn nach OTTO Immobilien – sinkt weiter. Während im Herbst 2009 noch 15.529 Gründerzeit-Zinshäuser identifiziert wurden, hat sich ihre Anzahl seit der letzten Berichtsperiode um 57, insgesamt seit 2009 um 1.804 verringert. Somit existieren in Wien mit Stichtag 14.1.2022 nur noch rund 13.725 klassische Gründerzeit-Zinshäuser, so die Researcher von OTTO Immobilien. Hauptgrund dafür sei die Begründung von Wohnungseigentum, Abrisse von Gründerzeit-Zinshäusern seien sehr selten, was für ihre hohe bauliche Qualität bzw. ihre ausgezeichnete Adaptierbarkeit spricht, so der Marktbericht.    

[1] Als Quellen für den ersten Wiener Zinshaus-Marktbericht dienten neben eigenen umfangreichen Recherchen die Eintragungen im öffentlichen Grundbuch, der Kaufvertragsspiegel von IMMOunited, der Kulturgüter-Kataster der Stadt Wien sowie Daten der Statistik Austria und die Daten des Firmenbuches.

[2] Während beim Asset Deal das Eigentum an der zu übertragenden Immobilie unmittelbar auf den Käufer übergeht, werden beim Share Deal Anteile an der immobilienbesitzenden Gesellschaft übertragen. Für den Share Deal spricht insbesondere die mögliche Ersparnis der Grunderwerbsteuer und Eintragungsgebühr bei entsprechender Strukturierung der Transaktion – immerhin 4,6 % des Kaufpreises – sowie die Ausnützung umsatzsteuerlicher Vorteile.
 

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