Reges Geschehen am Wiener Zinshaus-Parkett: 1,1 Mrd. Umsatz im ersten Halbjahr 2022

Zinshaus-Markt-Bericht 2022, von OTTO Immobilien

Reges Geschehen am Wiener Zinshaus-Parkett: 1,1 Mrd. Umsatz im ersten Halbjahr 2022

OTTO Immobilien: Preise und Verkäufe gestiegen - Green Building Features auch im Zinshaus gefragt

Text: Katharina Scheidl-Aziz // Fotos: Christian Steinbrenner

Die Nachwirkungen der Pandemie, der Ukrainekrieg, die Energiekrise sowie die hohe Inflation – das gesamtwirtschaftliche Umfeld bringt viele Assetklassen innerhalb der Immobilienbranche zunehmend unter Druck. „Doch das Wiener Zinshaus hat sich einmal mehr als sicherer Hafen für Anleger erwiesen“, betonte Dr. Eugen Otto bei der Präsentation des neuen Zinshaus-Marktberichts. Nach Recherchen seines Unternehmens sind sowohl die Gesamtanzahl der Verkäufe (+36 %) als auch das Verkaufsvolumen (+14 %) gegenüber dem Vorjahreszeitraum neuerlich gestiegen. Den gemeinsamen Umsatz von Assetdeals und Sharedeals im ersten Halbjahr 2022 beziffern die Expert*innen mit 1,1 Mrd. Euro. Auch die Preissteigerungen in den einzelnen Bezirken lagen im Schnitt unverändert im zweistelligen Prozentbereich. „Ein im Kontext der makroökonomischen Situation sensationelles Ergebnis, das eines der wesentlichen Merkmale des Zinshauses, nämlich die Investmentsicherheit, nachhaltig unterstreicht“, so Mag. Philipp Maisel, Teamleiter Zinshaus bei OTTO Immobilien.

Hot Spots 9. und 16. Bezirk

Bei den Verkäufen verzeichnen der 9. und 16. Bezirk mit +325 % bzw. +355 % die stärksten Zuwächse. „Insgesamt kam es in zwölf der 23 Wiener Gemeindebezirke zu Steigerungen der Transaktionsanzahl“, berichtet Maisel. In neun Bezirken konnte im Gegenzug eine Abnahme der Verkaufszahl beobachtet werden, davon in einem Bezirk, nämlich dem 22., sogar eine ganz deutliche: Hier sind die Verkäufe um 89 Prozent zurück gegangen.

Sinkendes Volumen im 1. Bezirk

Während grundsätzlich das Transaktionsvolumen in 13 der insgesamt 23 Wiener Bezirke gestiegen ist, schert vor allem der 1. Bezirk massiv aus: Hier hat das Volumen nämlich um rund 54 % abgenommen. „Bei den Steigerungen sind wiederum 8., 11. und 19. Bezirk hervorzuheben: Hier wurden mit 18 Mio. Euro im 8., 11 Mio. Euro im 11. und 24 Mio. Euro im 19. Bezirk um mehr als das Doppelte des Vorjahreszeitraums umgesetzt“, so Dipl.-Ing. Christopher Kmen, Senior Analyst bei OTTO Immobilien Research. Mit Stichtag 16.8.2022 wurde in 3 Bezirken (1030: 142 Mio. Euro; 1120 und 1180: je 105 Mio. Euro) ein Verkaufsvolumen von über 100 Mio. Euro beobachtet. In Bezug auf die Transaktionsvolumina innerhalb bzw. außerhalb des Gürtels gestaltet sich das Verhältnis relativ ausgewogen: 51 % des Transaktionsvolumens entfallen auf die inneren Bezirke, 49 % auf die äußeren (+3 %-Punkte). Damit ist eine leichte Verschiebung der Anteile zugunsten der Bezirke außerhalb des Gürtels feststellbar.

Preise steigen weiter

Der starke Rückgang an angebotenen Wiener Gründerzeit-Zinshäusern und die gleichzeitig starke Nachfrage haben dazu geführt, dass die Mindestpreise in einzelnen Bezirken deutlich zugelegt haben. Der höchste Zuwachs bei den Mindestpreisen konnte im 12. (+22 %) und 8. Bezirk (+19 %) verzeichnet werden. Ebenfalls stark gestiegen sind die Einstiegspreise mit Steigerungen zwischen 18% und 19% in den Bezirken 9, 10, und 18. Bei den Maximalpreisen konnte man in ganz Wien eine durchschnittliche Veränderung von +11 % beobachten. „Die niedrigsten Einstiegspreise sind zwar weiterhin in den Bezirken außerhalb des Gürtels zu finden, aber mittlerweile wird kein Wiener Gründerzeit-Zinshaus in einem durchschnittlichen Zustand unter 2.275 Euro/m² verkauft“, so Kmen.

Unternehmen dominieren

Sowohl auf Käufer als auch Verkäuferseite haben Unternehmen nach wie vor die Nase vorn, wobei sie auf der Verkäuferseite deutlich vorne liegen. Im 1. Halbjahr 2022 gingen knapp sowohl 53 % aller Käufe als auch 68 % aller Verkäufe von Unternehmen aus. Im Vergleich zum 1. Halbjahr 2021 bedeutet dies -12 %-Punkte bei den Käufen, +16 %-Punkte bei den Verkäufen. „Der starke Anstieg an Transaktionen ausgehend von Unternehmen auf Verkäuferseite spricht für eine zunehmende Bedeutung der Unternehmen“, so Dkfm. Christoph Lukaschek, Leiter Investment bei OTTO Immobilien. Privatpersonen waren in der aktuellen Berichtsperiode mit rund 46 % bei den Käufen und knapp 30 % bei den Verkäufen vertreten. Vergleicht man die Werte ebenfalls mit denen der vorangehenden Beobachtungsperiode (+11 %-Punkte bei den Käufen, -17 %-Punkte bei den Verkäufen), ist eine Entwicklung weg von Privatpersonen als Verkäufer hin zu Privatpersonen als Käufer erkennbar. Die restlichen Transaktionen sind der Gruppe der Sonstigen zuzuschreiben.Auch in Bezug auf das Transaktionsvolumen stellen Unternehmen im 1. Halbjahr 2022 die stärkste Käufer- als auch Verkäufergruppe: 91 % bzw. 52 % des gesamten Transaktionsvolumens je Bereich entfallen auf diese.

Renditen sinken

Die Maximalrenditen sind in den meisten Bezirken weiter gesunken, der Rückgang hat sich jedoch abgebremst. Somit weisen alle Bezirke mittlerweile eine Rendite von weniger als 3 % auf. Im Großteil der Bezirke beträgt die Maximalrendite zwischen 2-3 % - ausgenommen die Bezirke 1 und 2: Hier liegt die Maximalrendite unter 2 %. Die Spitzenrendite für das beste Objekt in der besten Lage (entspricht der Mindestrendite im 1. Bezirk) beträgt derzeit 0,62 %.

Wieder mehr ganze Häuser

Gegenüber dem 1. Halbjahr 2021 deutlich gestiegen ist die Übertragung von ganzen Häusern (100 % der Anteile): Knapp 32 % der im 1. Halbjahr 2022 getätigten Transaktionen sind dieser Gruppe zuzuordnen. Mit 128 getätigten Transaktionen entspricht dies einem Plus von +4,9 %. „Bezogen auf das Transaktionsvolumen ist die Übertragung von ganzen Häusern damit nach wie vor auf hohem Niveau (rund 79 %)“, sagt Lukaschek. Der Kauf und Verkauf von Zinshausanteilen (1 % bis 99 %) machte dementsprechend einen Anteil von knapp 68 % der umgesetzten Transaktionen und rund 21 % des Transaktionsvolumens aus.

Trend zu hochpreisigen Transaktionen hält an

Im Hinblick auf die Preiskategorien entfiel auf ganze Zinshäuser bis 5 Mio. Euro ein vergleichsweise niedriger Anteil von 69 % der Transaktionen. Der Anteil liegt somit -6 %-Punkte unter dem Wert des Vergleichszeitraums des Jahres 2021. Die Anzahl der Transaktionen mit einem Volumen höher als 5 Mio. Euro haben dagegen deutlich zugenommen, sie liegt nun bei 31 %. Im Bereich von über 10 Mio. Euro wurden deutliche Zuwächse im Transaktionsvolumen verzeichnet.

Green Building Features gefragt

Ein Trend hat sich in den vergangenen Monaten ganz deutlich abgezeichnet: „Innerhalb der sehr heterogenen Gruppe der Zinshausnachfrager kristallisiert sich der deutliche Wunsch hervor, in Zinshäuser zu investieren, die bereits über so genannte Green Building Features verfügen“, weiß Mag. Maisel. Auf diese Weise fließen Bestimmungen, die sich aus den ESG-Kriterien ergeben, wie beispielsweise das Verbot von Gasthermen, bereits jetzt in das Investitionsverhalten ein.

Nachhaltigkeit im Wiener Zinshaus

Die Energiekrise führt dazu, dass Eigentümer verstärkt die Möglichkeit prüfen, ihre Immobilie zukunftsfit zu machen. Objekte sollen energetisch-thermisch saniert werden, es wird geprüft, ob Wärmepumpen oder etwa Solarpaneele angebracht werden können. „Derartige technische Nachrüstungen sind aber nicht beim kompletten Zinshausbestand durchführbar. Neben den Kosten spielt oft der fehlende Platz durch die typischerweise geschlossene Bauweise in Verbindung mit engen Innenhöfen eine große Rolle. Auch die statische Situation des Hauses bei Umsetzbarkeit der angedachten Maßnahmen gibt oft Anlass zur Sorge“, weiß Mag. Maisel. Dazu kommt, dass sich technische Nachrüstungen trotz diverser Fördermöglichkeiten bei einer rein wirtschaftlichen Betrachtung für EigentümerInnen häufig auch mittelfristig nicht rechnen. „Es gibt derzeit unterschiedliche Überlegungen, wie diese Maßnahmen incentiviert werden könnten“, sagt Maisel. So könnte beispielsweise im Rahmen des §16 MRG ein neuer Tatbestand geschaffen werden, der dem Vermieter bei Aufwendung erheblicher Eigenmittel die Möglichkeit einräumt, den angemessenen Mietzins zu verlangen. „Damit wären Eigentümer*innen auch finanziell motiviert, kapital- und zeitintensive Adaptierungsarbeiten durchzuführen“, ist er überzeugt.

Leichte Abflachung der Preiskurve möglich

Und noch etwas zeigt sich: „In Zusammenhang mit Verkäufen müssen sich Privateigentümer zunehmend mit der Zukunftsfitness ihres Objektes auseinandersetzen. Hier ist definitiv ein guter Zeitpunkt zum Verkauf gegeben, da größere Bestandshalter eher in der Lage sind, die anstehenden Herausforderungen positiv zu meistern“, sagt Mag. Maisel. Für die nächsten beiden Quartale erwartet er auf den Energie- und Finanzmärkten unverändert anspruchsvolle Zeiten. „Heruntergebrochen auf den Zinshausbereich ist eine leichte Abflachung der bisher steil nach oben steigenden Preiskurve im Bereich des Möglichen“, sagt Mag. Maisel.

Immer weniger Zinshäuser

Weiter gesunken ist auch die Zahl der Gründerzeit-Zinshäuser − im engeren Sinn nach OTTO Immobilien: Während es im Herbst 2009 noch 15.529 davon gab, sind es mit Stichtag 16.8.2022 nur noch 13.675. Damit hat sich der Bestand seit 2009 um etwa 11,9 % reduziert. Hauptgrund für diese Entwicklung ist die Begründung von Wohnungseigentum oder eine Nutzungsänderung. Abrisse von Gründerzeit-Zinshäusern sind dagegen selten, was für ihre hohe bauliche Qualität bzw. ihre ausgezeichnete Adaptierbarkeit spricht.

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