„Unsere Branche braucht dringend schnellere Genehmigungsverfahren.“ – Patrick Schumacher-Kurowski im Gespräch
Im Jahr 2022 realisiert die polnische MLP Group in Wien-Stadlau ihren ersten innerstädtischen Logistik- und Gewerbepark in Österreich. Wir sehen ein großes Nachfragepotenzial bei Nutzern, nach modernen und flexiblen Lagerflächen. Gleichzeitig ist das Interesse von Investoren für derartige Projekte noch nie so groß gewesen, berichtet Patrick Schumacher-Kurowski, Country Manager Deutschland & Österreich des Unternehmens.
Interview: Joachim Horvath (Gründer, Herausgeber & Chefredakteur der Österreichischen Verkehrszeitung) // Titelbild-Fotos: MLP Group
WIEN. In Österreich und Deutschland herrscht ein enormer Bedarf für moderne Lager- und Logistikflächen. Solange der seit Monaten zu beobachtende Druck bei den globalen Lieferketten anhält, wird das so bleiben. Die Marktbeobachter der maßgeblichen Containerreedereien und Logistikunternehmen rechnen frühestens nach dem „Chinese New Year 2022“ mit einer Entspannung der Situation. Bis dahin können sich die Einkäufer der heimischen Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen nicht sicher sein, ob sie die bestellten Rohstoffe, Bauteile und Halbfertigprodukte zeitgerecht und zu vernünftigen Preiskonditionen erhalten. Auch auf dem Warenversand in Europa und zu Zielen in Übersee lasten weiterhin viele Unwägbarkeiten.
Jedoch läuft das Geschäft bei vielen österreichischen Unternehmen auf Hochtouren. Zahlreiche Betriebe könnten mehr Waren und Dienstleistungen absetzen als ihre Lagerbestände zulassen. Noch dazu akzeptieren die Kunden gegebenenfalls auch Preisaufschläge. Derartige Szenarien bestehen selten. Deshalb nutzen die Firmen jede Chance zur Erhöhung ihrer Bestände. So treffen große Baumärkte jetzt schon Vorbereitungen für den Erhalt der Sortimente für das Frühjahr 2022 noch vor Weihnachten. Doch schon jetzt sind praktisch alle gut erhaltenen Lagerkapazitäten in Österreich voll ausgelastet. Wird eine Halle zur Miete ausgeschrieben, melden sich taggleich Interessenten.
Der Country Manager Deutschland & Österreich der in Warschau ansässigen MLP Group warnt vor einer weiteren Verschärfung der Situation. Er begründet das mit dem ungebrochenen Boom im Online-Handel. Besagtes Geschäftsmodell ist in hohem Maß auf Logistikflächen für die Ein-/Auslagerung und den schnellen Versand von Artikeln aus allen erdenklichen Produktgruppen angewiesen – und es treten laufend neue Anbieter auf den Plan.
Es herrscht bereits seit längerer Zeit größeres Interesse von Investoren und Entwicklern für die Realisierung sowie den Erwerb von Logistikimmobilien. Der Markt wäre theoretisch sehr dynamisch, die finanziellen Mittel stehen bereit. Doch die Unternehmen mit Spezialisierung auf die Entwicklung, den Betrieb und das Asset Management von Logistik- und Industrieparks wie die MLP Group sehen die Herausforderung nach passenden Grundstücken und Objekten für die rasche Umsetzung von Projekten. Weite Teile der Bevölkerung begegnen der Realisierung von Logistikimmobilien im Umfeld ihrer Wohnstätten skeptisch bis ablehnend, selbst wenn dadurch zahlreiche neue Arbeitsplätze entstehen und wie die MLP Group betont bzw. großen Wert drauf legt – bei einem äußerst transparenten und interessenvereinenden Prozess.
„Wir wollen unsere Projekte nachhaltig umsetzen“, betont Patrick Schumacher-Kurowski explizit. Der ausgebildete Immobilienbetriebswirt sieht die politischen Verantwortlichen in den Gemeinden, Städten und Bundesländern in der Pflicht. Ihre beschwerlichen Genehmigungsverfahren verzögern die Prozesse für die Realisierung von Logistikhallen. Es dauert lange, bis die Immobilienentwickler die dafür erforderlichen Baugenehmigungen oder Umwandlungsbescheide erhalten. Dabei besteht bei der MLP Group großes Interesse an diesen Projekten. „Mit derartigen ‚Brownfield Solutions‘ vermeiden wir die Versiegelung von weiterem Bauland und leisten so einen Beitrag zur Nachhaltigkeit“, betont Patrick Schumacher-Kurowski. Die Objekte auf den entsprechenden Arealen werden entweder abgerissen und durch Neubauten ersetzt oder von Grund auf saniert. Die zukünftigen Mieter beziehen dann moderne Gebäude mit einer möglichst flexiblen Raumaufteilung bei Implementierung nachhaltiger Bauweise. Dadurch kommen sie in den Genuss zeitgemäßer Lager- und Produktionsflächen, die sehr genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Und verlassen die Unternehmen einmal den Standort, fällt der MLP die Suche nach einem Nachfolger leichter.
Einhergehend mit der Bedarfssteigerung bei den großflächigen Lagerhallen haben gewisse Wirtschaftszweige enormes Interesse an „Urbanen Logistik- und Gewerbeflächen“. Gefragt sind Standorte mit verkehrstechnisch guten Gegebenheiten für die „Last Mile Logistik“. Dabei kombinieren manche Firmen die Lager- und Distributionsstrukturen mit Assembling- oder Servicefunktionen. In den Büros empfangen ihre Mitarbeitenden die in-/ausländischen Geschäftspartner. Daraus ergeben sich abweichende Grundbedürfnisse von den ausschließlich für logistische Zwecke konzipierten Anlagen. Dadurch fangen die kleinsten Mietflächen bei 2.500 m² an.
Ein derartiges Projekt realisiert die MLP Group demnächst auf einem 98.000 m² großen Areal in Wien-Stadlau. Baustart für den „MLP Business Park Vienna“ ist Anfang 2022. Es entstehen vier Gebäudekörper mit jeweils rund 11.000 m² verbauter Fläche. Voraussichtlich im dritten Quartal 2022 können die ersten Mieter einziehen. OTTO Immobilien fungiert als Partner für die Vermarktung der Abschnitte. Es gibt bereits erste Anfragen. Später sollen eventuell zwei weitere Projekte folgen. Erwogen werden ein zweiter Standort im Großraum Wien und eine Logistikimmobilie auf der Achse zwischen Linz und Passau.
Die MLP Group ist ein an der Warschauer Börse notierter Entwickler und Instandhalter von Industrie- und Logistikimmobilien. Rund 50 Mitarbeitende an Standorten in Polen, Deutschland (seit 2016), Österreich (seit Ende 2020) und Rumänien betreuen 18 Logistik- und Gewerbeparks in den vier genannten Ländern. Das Portfolio umfasst 1,2 Mio. m² bestehende oder zu entwickelnde Flächen mit einem Net Asset Value von 211 Mio. Euro. Seit der Corona-Pandemie sei die Asset-Kategorie der Logistikimmobilien enorm gestiegen. Patrick Schumacher-Kurowski stellt neue Projekte in Aussicht. Dabei richtet sich das Hauptaugenmerk auf den deutschen Markt, begleitet von der genauen Beobachtung der Bedarfssituation in Österreich.