Anthony Crow:
Wie sehr sind Ihre Mieter vom U-Bahnbau in Wien, etwa im Bereich Kirchengasse/Neubaugasse, betroffen?
Marco Handschmann:
Manche Mieter sehen es positiv, dass die Infrastruktur aufgewertet wird, andere müssen über einen längeren Zeitraum mit erheblichen Einschränkungen leben. Für Shops, die von großen Auslagen und Portalflächen leben, ist es eine Herausforderung. Da setzt man sich zusammen und sucht eine sinnvolle, partnerschaftliche Lösung.
Eva Zdarsky:
Es gibt aktuell in Wien sehr positive Entwicklungen, etwa die Neugestaltung des Neuen Markts und die Begegnungszone rund um den Bauernmarkt. Die Situation auf der Mariahilfer Straße ist aktuell schwieriger. Wenn das Lamarr (Kaufhaus auf den früheren Leiner-Gründen) und die U-Bahn fertig sind, wird es wieder einen Aufschwung geben. Jetzt braucht es gemeinsame Kreativität von Eigentümern und Mietern, um ein ansprechendes Niveau zu halten.
Patrick Homm:
Wie wird sich das Lamarr auswirken?
Marco Handschmann:
Es wird spannend, wie Wien ein solches noch nie dagewesenes Leuchtturmprojekt aufnehmen wird. Wir hoffen, dass dadurch mehr Touristen angezogen werden. Die Hochwertigkeit des unteren Bereichs der Mariahilfer Straße wird durch das Kaufhaus sicher positiv geprägt werden.
Anthony Crow:
Was ist aus Ihrer Sicht notwendig, damit andere Einkaufsstraßen wie die Favoritenstraße oder die Thaliastraße wieder mehr Ansehen gewinnen?
Marco Handschmann:
Gerade bei schwächeren Lagen ist ein gesamtheitliches, übergeordnetes Marketingkonzept notwendig, so wie es auch ein Einkaufszentrum hat. Die Zeiten, in denen einem Retailer das Rundherum egal sein konnte, solange die Frequenz passte, sind vorbei. Es braucht gemeinsame Schwerpunkte und Aktionstage. Die Kunden wollen einkaufen, gut essen, etwas erleben. Um ihnen das bieten zu können, sind alle gefordert – Politik, Eigentümer, Mieter. Eine belebte Einkaufsstraße ist im Sinne und Interesse aller Parteien.
Anthony Crow:
Was ist Ihr Wunsch für die Zukunft der Einkaufsstraßen und der Innenstädte allgemein?
Eva Zdarsky:
Ich sehe die Entwicklung, dass Einkaufsstraßen in vielen Städten Europas de facto gleich ausschauen. Daher wünsche ich mir, dass sich der Fokus der Kunden, der Unternehmer, aber auch der Vermieter ein bisschen mehr über die Grenzen der klassischen Highstreet-Lagen hinaus ausbreitet. Nur dann können wir die spannende Diversität der Retailnutzung aufrechterhalten, die nicht nur die klassische Nahversorgung sichert, sondern auch das Konsumerlebnis für jeden Einzelnen.
Marco Handschmann:
Ich wünsche mir, dass wir – trotz einheitlicher Konzepte – eine deutliche Unterscheidbarkeit vorfinden. Diversität ist ganz wichtig. Städte leben davon, dass sie bunt, vielfältig und belebt sind.
Vielen Dank für das Gespräch!
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ZUR PERSON:
Ing. Eva Zdarsky ist seit 2004 im Immobilienbereich der Generali Gruppe tätig. Begonnen als Hausverwalterin, führte sie der Weg über die Teamleitung im Property Management, in den Bereich Asset Management & Letting, den sie heute mit Ihrem Team verantwortet. Am zu betreuenden Portfolio schätzt sie besonders, den Mix aus historischen Zinshäusern mit modernen Büroobjekten und den damit einhergehenden vielfältigen Themenstellungen. „Ganzheitliche immobilienwirtschaftliche Betrachtung, gepaart mit Begeisterung für die Immobilie ist das, was einen guten Asset Manager ausmacht".
Mag. Marco Handschmann MSc leitet bei der UNIQA Real Estate GmbH den Bereich Asset Management für das Österreich Portfolio, wozu neben historischen Immobilien in innerstädtischen Spitzenlagen diverse erstklassige Gewerbeimmobilien gehören. Als studierter Jurist und Absolvent des TU Immobilienlehrgangs ‘‘Immobilienmanagement und -bewertung‘‘ liebt er die vielfältigen Themenstellungen, die seine Tätigkeit aber auch die unterschiedlichen Asset-Klassen mit sich bringen.