Martina Hohenlohe – Gourmetexpertin // Wiener Typen – Typisch Wien

Martina Hohenlohe, Gourmetexpertin, Gault&Millau

Martina Hohenlohe – Gourmetexpertin // Wiener Typen – Typisch Wien


Martina Hohenlohe ist gewissermaßen das Gesicht der österreichischen Restaurantkritik. Sie ist in der Tat eine sehr, sehr organisierte Frau. Es bleibt ihr gar nichts anderes übrig. Was zweifellos dabei hilft, während der coronabedingten Lockdowns mit einer gastronomischen Realität umzugehen, wie es sie noch nie zuvor gegeben hatte: Alle Restaurants geschlossen, keine Bewirtung, maximal Lieferservice oder Abholung, die Straßen leer, Tourismus abgesagt.

Text: Florian Holzer // Fotos: Christian Steinbrenner

„Sollen wir in so einem Jahr überhaupt einen Guide machen? Ja, sonst wäre das ein ganz schlechtes Signal“, erzählt Martina Hohenlohe von den Überlegungen, „die heimische Gastronomie zu unterstützen und die Marke Gault&Millau nicht einfach fallen zu lassen“. Es folgten viele Telefonate und unzählige Zoom-Konferenzen mit den MitarbeiterInnen im Homeoffice. Und es wurde mit der Gault&Millau-Zentrale in Paris konferiert, wie man Restaurantkritik in diesem außergewöhnlichen Jahr anlegen solle. Rasch waren sich Martina und ihr Mann Kari Hohenlohe mit den Redaktionen der übrigen Länder einig, dass diesmal ein positives Stimmungsbild vorherrschen solle, „wir kamen überein, heuer nicht das Haar in der Suppe zu suchen“.

Ein „easy“ Kochbuch

Aber selbst kritisches Wohlwollen war gar nicht einfach zu bewerkstelligen. Der Lockdown fiel mitten in die Test-Saison. Von Jänner bis Mai bewerten und beschreiben 45 leidenschaftliche Esserinnen und Esser für Gault&Millau an die 800 Restaurants. Nebenberuflich. Das sei schon in „normalen“ Jahren eine koordinative Herausforderung. „Es war ein Albtraum.“ Aber nicht genug, Martina Hohenlohe brachte genau zu dieser Zeit ihr neues Kochbuch „Easy“ heraus, „man muss innovativ sein, neue Projekte entwickeln, wenn wir nur den Guide hätten, würde es uns jetzt nicht mehr geben“.

Easy Kochbuch von Martina Hohenlohe
EASY. 95 Rezepte für alle Lebenslagen. Martina Hohenlohes fünftes Kochbuch –
diesmal einfache Rezepte für Kinder, Neueinsteiger und Spätberufene. Absolut Lockdown-tauglich.

Improvisation, Kreativität und Mut zum unkonventionellen Denken sieht Martina Hohenlohe auch als Mittel für die Gastronomie, um in Zukunft zu überleben. Da haben die Wiener Gastronomen – vom Beislwirten bis zum Starkoch – sehr rasch erstaunlichen Einfallsreichtum bewiesen: Lieferservice, Abholmöglichkeit, mehrgängiges Menü in Einzelteilen in Pappkartons gepackt oder herrliche Schmorgerichte in Gläser eingerext. Stellvertretend sei das legendäre Reisfleisch von Mraz und Sohn (4 Hauben) oder Konstantin Filippous (5 Hauben) Stifado vom Waldviertler Blondvieh genannt. Und das werde bleiben, ist sich Martina Hohenlohe sicher, „die Gastro wird sich völlig neu aufstellen müssen“.

Fine Dining zuhause

Fine Dining werde in Zukunft nicht nur im Restaurant genossen, sondern auch nach Hause geliefert werden, „inklusive Blumenschmuck und passendem Wein“. Outdoor wird das neue Indoor sein, prophezeit die Restaurantkritikerin, Picknick sicher wieder zum Thema für die Top-Gastronomie, oder auch das Autokino, in das man sich während dem Film ein tolles Essen zustellen lässt.

Das Verlangen nach Geselligkeit und Nähe, nach kulinarischem Erlebnis, nach Verblüffung, nach „Magic Moments“ sei durch Corona nicht weniger geworden, meint Hohenlohe, „es handelt sich um ein Grundbedürfnis“. Das konnte sie auch auf anderer Ebene erleben: Unmittelbar nach Beginn des ersten Lockdown hatte ihr „Wunderbarer Kochsalon“, in dem sie online Kochrezepte mit persönlichen Anekdoten garniert und die heimische Kochelite vorkochen lässt, rasante Zugriffssteigerungen. Wenn User aus Dresden dann nachfragen, was denn genau „Eutzerl“ bedeute, freut sie das definitiv mehr als es sie belästige.
 

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IM KOCHSALON. Tausendsassa Martina Hohenlohe dreht Kochvideos in ihrem „Wunderbaren Kochsalon“, gibt den Restaurantguide Gault&Millau heraus,
veranstaltet Genussmessen, schreibt Kolumnen und kocht daneben noch zweimal am Tag für die ganze Familie.

Ihr Kochsalon, ihre Website, ihre Kochbücher, das habe nichts mit Gault&Millau zu tun, „das ist mein Privatvergnügen“. Aber doch Teil eines Businessmodells. Durch Kooperationen mit der Kleinen Zeitung und der Presse sowie Verlinkung mit dem jungen deutschen Kochsender justcooking.tv erreicht sie hier Zielgruppen, die vom Gourmetguide vielleicht noch nie etwas gehört haben und verdient damit auch echtes Geld. Ob sie sich da eigentlich schon als Influencerin sehe, also einem publizistischen Modell folge, dem der klassische Journalismus ja mit einem gewissen Zwiespalt begegnet? „Gar nicht“, sagt Martina Hohenlohe, Unabhängigkeit sei nach wie vor ein Grundprinzip, „ich mache nur, was ich persönlich gut finde“.

Das eigene Grätzel neu sehen

Gut fand sie auch, als nach dem ersten Lockdown wieder Leben in das Grätzel zurückkehrte, in dem sie wohnt: Das so genannte Botschaftsviertel im dritten Bezirk gilt generell schon als sehr ruhig, „aber da war es wirklich sehr ruhig“. Als man wieder rausdurfte schien das Leben am sonst so gesitteten Modenapark nachgerade zu explodieren, „so viele spielende, schreiende Kinder. Wunderbar!“ Davor, noch während des Lockdowns, fanden Martina und Kari Hohenlohe ihren ganz eigenen Weg, um dem drohenden Deckenfall auf den Kopf zu entgehen: Beim täglichen Spaziergang durchs Grätzel schossen sie Fotos und schickten sie einem befreundeten Ehepaar. Die mussten erraten, worum es sich handelt und wo die Hohenlohes es entdeckt hatten. Dann bekamen sie selbst Fotos geschickt und das Rätselraten war an ihnen. „Wir entdeckten auf einmal Sachen, die wir nie zuvor gesehen haben, wir lernten unser Grätzel völlig neu kennen.“

GOURMETSTADT WIEN:

Martina Hohenlohe ist Chefredakteurin des Restaurantführers Gault&Millau. Das sind die bestbewerteten Lokale der Stadt: Steirereck, Konstantin Filippou, Silvio Nickol, Amador, Mraz & Sohn, Aend, Tian, Edvard, Apron, Pramerl & The Wolf. Ihr „Wunderbarer Kochsalon“ auf martinahohenlohe.com wird weit über Wien hinaus angeklickt.

Martina Hohenlohe in #WIEN, dem Wohnmarktmagazin

Diesen Beitrag haben wir unserem aktuellen #Wien - dem Wohnmarktmagazin von OTTO Immobilien entnommen:

Auf 70 Seiten finden Sie alle Zahlen, Daten und Fakten über den Wiener Wohnungsmarkt, die für immobilieninteressierte Menschen von Bedeutung sind. Außerdem beleuchten unsere Expert*nnen das Thema „Wohnen & Leben in Wien“ aus allen Richtungen. #Wien ist unser Geschenk an Sie: