Bettina Leidl – Museumsdirektorin – Wiener Typen // Typisch Wien

Bettina Leidl, Direktorin Museumsquartier Wien

Bettina Leidl – Museumsdirektorin – Wiener Typen // Typisch Wien

Wien 2030 aus der Sicht von Stadtgestalter*innen: Museumsdirektorin, Jugendbotschafter, Verkehrsexpertin, Start-up-Kennerin und politisch Verantwortliche erzählen ihre Visionen.

Text: Marie-Theres Stremnitzer // Fotos: Christian Steinbrenner, Hertha Hurnaus

Wenn im Frühjahr wieder die Enzis blühen, heuer im Orange der MA48, dürfen sich die Bewohnerinnen und Bewohner Wiens und sämtliche Gäste aus dem Rest der Welt im Innenhof des Museumsquartiers auf den längst berühmten Sitz- und Knotzgelegenheiten ausstrecken. Um sich zu sonnen oder in die Sterne zu schauen, zu tratschen, zu lesen, zu picknicken – und zu träumen von begrünten Freiräumen und der autofreien Stadt. Nicht nur die Enzis, sondern die gesamte Idee des vom Architekturbüro Ortner & Ortner geplanten Areals haben sich in den 20 Jahren seit der Eröffnung zum Wiener Exportschlager entwickelt – als Maßstab und Inspiration für städtebauliche Entwicklung auch in anderen Ländern.

Vorreiterrolle bei Klimaneutralität

Seit 1. März steht Bettina Leidl dem Museumsquartier als Direktorin vor. Die gebürtige Oberösterreicherin kennt das MQ bereits bestens, war sie doch von 1997 bis 2011 Geschäftsführerin der Kunsthalle. Das dezidierte Ziel der versierten Managerin ist Klimaneutralität für den gesamten Betrieb bis 2030. Wie so etwas gehen kann, hat sie bereits im KunstHaus Wien vorgezeigt, das unter ihrer Ägide als erstes Museum Österreichs mit dem Umweltzeichen ausgezeichnet wurde. Denn sie sieht die Aufgabe eines großen und komplexen Kulturbetriebs auch darin, eine Vorreiterrolle in der Gesellschaft einzunehmen.
 

Libelle, Museumsquartier Wien

NEUE MQ-DIREKTORIN. Bettina Leidl sieht im MQ noch viel Entwicklungspotenzial für innovative und kulturelle Bespielungen. Mehr Grün kommt mit Baumpatenschaften. Die konsumfreie Zone bleibt!

Fassadenbegrünungen gehören daher ebenso zum Klima-Konzept wie erneuerbare Energien – Photovoltaik und Geothermie. „Denn besonders die Neubauten des Museumsquartiers brauchen viel Energie für die Klimatisierung der Kunstwerke“, weiß Leidl und denkt schon jetzt über weitreichendere Synergien nach, denn „auch die Vorstellungen des zukünftig benachbarten KaDeWe gehen in Richtung nachhaltiger Positionierung. Das wäre eine spannende Möglichkeit, hier reale Veränderungen herzustellen.“

Urbane Oasen

Das Spannende am MQ sei, „dass von den Architekten Ortner & Ortner damals nicht jede Fläche für eine bestimmte Nutzung definiert worden ist. Deswegen gibt es im MQ noch viel Entwicklungspotenzial, für zukünftige innovative und kulturelle Bespielungen.“

So interessiert sich Leidl etwa für neue Aufwertungen der Spangen, des Vorplatzes zum Maria-Theresien-Platz aber auch nach hinten in den 7. Bezirk: Mit hochwertigen Konzepten für Freiräume, die gerade wegen der Stadtverdichtung immer wichtiger werden und erhalten bleiben müssen. „Es ist in die DNA des Museumsquartiers eingeschrieben, dass die Freiflächen ein konsumfreier Raum bleiben. Das ist für das Quartier ganz zentral. Ich sehe das Museumsquartier bereits als Supergrätzl; Nach dem Vorbild der Superblocks in Barcelona würde ich es attraktiv finden, hier auch noch den Spittelberg und das Volkstheater miteinzubeziehen und bis hinauf zum KaDeWe Vienna, wo ja auch kulturelle Nutzungen und Dachbegrünungen geplant sind“, teilt Leidl eine ihrer Visionen für einen urban-kulturell zusammenhängenden Stadtraum, den sie weit über die Bezirksgrenzen hinaus für identitätsstiftend hält. Indem die Stadt immer weiter verdichtet wird, müssen sich Menschen, die hier wohnen, ihren Lebensraum zurückerobern. Begegnungszonen, begrünter Freiraum und Reduzierung des Autoverkehrs sind wichtige Parameter, um die Interaktivität und Kommunikation, die Lebensqualität zu steigern und darüber die Identität neuer (Super-)Grätzl zu definieren. „Die Fixierung auf das Auto ist zwar immer noch da“, so Leidl, „aber ich glaube fest an die autofreie Stadt. Das wäre schön. Das dürfen wir uns wünschen. Und zwar schon für 2030.“ Die autofreie Stadt mache erst die Erschließung von Sockelzonen für Büros und Wohnungen möglich. Damit auch außerhalb des Museumsquartiers eine solch selbstverständliche Lebendigkeit herrschen kann wie innerhalb seiner Mauern.
 

Museumsquartier bei Nacht

WIENER MUSEUMSQUARTIER

Das 90.000 Quadratmeter große MQ beheimatet etwa 60 Kulturinstitutionen, dazu zahlreiche Lokale, Veranstaltungsräume und vor allem, und das macht seine Einzigartigkeit aus, einen großen, geschützten und konsumfreien Freiraum mitten in der Stadt. Nach dem Vorbild der italienischen Piazza konzipiert, auf der man sich begegnen, austauschen und zusammen sein kann, ist dieser immer noch zukunfts- und richtungsweisende Stadtraum zu einem der wichtigsten und wertvollsten für die Bewohner*innen der dicht besiedelten Innenbezirke geworden.


  

#Wien - Wohnmarktmagazin, Ausgabe 2022

Diesen Beitrag haben wir unserem aktuellen #Wien - dem Wohnmarktmagazin von OTTO Immobilien entnommen:

Auf über 70 Seiten finden Sie alle Zahlen, Daten und Fakten über den Wiener Wohnungsmarkt, die für immobilieninteressierte Menschen von Bedeutung sind. Außerdem beleuchten unsere Expert*nnen das Thema „Wohnen & Leben in Wien“ aus allen Richtungen. #Wien ist unser Geschenk an Sie: